> Protoplasten, zellwandlose Pflanzenzelle <

Startseite
Fragen? Antworten!
» Unterrichtsmaterial
Laborbilder
Publikationen
Links
Über diese Webseite
Feedback
Suchen
 
> Interview mit Christof Sautter, April 2003 <

Gab es in den letzten drei Monaten einen bedeutenden Durchbruch in Ihrem Projekt?

Es gab mehrere Ereignisse. Nachdem das UVEK am 13. September 2002 das BUWAL angewiesen hatte, unser Feldexperiment zu bewilligen, hat sich das BUWAL für diesen Schritt sehr viel Zeit gelassen. So lange, dass unsere Anwälte kurz vor Weihnachten beim UVEK eine Verwaltungsbeschwerde gegen das BUWAL einreichten. Das BUWAL hat dann merkwürdigerweise bereits anderntags die Bewilligung erteilt. Es hat dann in den 30 Tagen, die diese Bewilligung auflag, von Nachbarn des Versuchsfeldes aus Eschikon mit Unterstützung von Greenpeace eine Einsprache gegeben. Solche Einsprachen haben im Prinzip aufschiebende Wirkung, d.h. dass der Gesuchsteller solange auf seine Bewilligung warten muss, bis die Einsprache abschliessend behandelt worden ist. Dies drohte zu verhindern, dass wir hätten aussäen können, obwohl die Einsprache selber unserer Einschätzung nach nur schwache Argumente und Chancen gehabt hätte, durchzudringen. Deshalb haben die Anwälte der ETH die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung dieser Einsprache beantragt. Unser Antrag wurde vom UVEK auch bewilligt, hauptsächlich auf Grund von zwei Argumenten, nämlich, dass die Finanzierung unseres Projekts durch den Nationalfonds nur noch für das Jahr 2003 gesichert sei und dass es für die Forschung schwierig sei, Experimente immer wieder neu zu verschieben, so dass zum Schluss die Konkurrenz schneller ist und die ganzen wissenschaftlichen Daten, die man erarbeitet hat, nicht veröffentlichen kann. Das macht die Lage für die Forschung sehr schwierig, denn die Forschung und somit auch die ETH lebt von der Publikation neuer Ergebnisse und nicht von der Veröffentlichung alter, bereits auf behördlichen Anträgen oder Websites publizierten Daten. Gegen die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung der gegnerischen Einsprache haben die Nachbarn mit Hilfe von Greenpeace erneut Rekurs eingelegt, und zwar beim Bundesgericht. Das Bundesgericht hat dann am 12. März 2003 in einer öffentlichen Verhandlung mit fünf Richtern – was ungewöhnlich viele sind – über diesen Fall verhandelt. Es kam zum Schluss, dass das Verhalten der ETH korrekt war, dass es aber sowohl das UVEK als auch das BUWAL versäumt haben, das rechtliche Gehör in der Freisetzungsverordnung korrekt zu definieren. Es fehlt demnach in der bestehenden Freisetzungsverordnung ein Passus, der regelt, wer in einem Verfahren wie dem unseren Partei sein kann und somit einspracheberechtigt ist. Das Bundesgericht hat deshalb das ganze Verfahren ausgesetzt. Das UVEK und das BUWAL müssen also über ihre Bücher gehen und die Freisetzungsverordnung revidieren. Wir hoffen, dass diese Gesetzesrevision schnell genug geht, damit wir unser Experiment wenigsten in Teilen nächstes Jahr noch durchführen können. Ganz so, wie es ursprünglich geplant war, wird es wahrscheinlich nächstes Jahr nicht mehr stattfinden können. In der Zwischenzeit machen wir weiter Gewächshausexperimente mit künstlichen Stinkbrandinfektionen. Wir werden in der zweiten Hälfte des Jahres auch Experimente mit Flugbrandinfektionen machen und hoffen, dass wir dadurch neue Resultate gewinnen, auch wenn wir die eigentliche Frage dieses Jahr nicht werden beantworten können, nämlich ob unser Abwehrsystem unter natürlichen Verhältnissen im Freien funktioniert.


Gab es in den letzten Monaten einen Rückschlag?

Neben den juristischen Ereignissen, die uns als Forscher in Atem hielten, gab es drei Tage vor dem Entscheid des Bundesgerichtes einen Überfall von Greenpeace auf unseren geplanten Versuchsplatz. Greenpeace ist mit vier Fahrzeugen aufgefahren, hat Mitarbeiter aggressiv bedroht, hat die Sicherheitseinrichtungen teilweise zerstört und Mist auf das Versuchsfeld geworfen. Greenpeace hat dabei eigene Fernsehaufnahmen gemacht, welche die Aktion aus ihrer Sicht darstellten und dann auch so im TV ausgestrahlt wurden. Der Mist hätte uns beim Feldexperiment nicht gestört, weil er weder das Pilzwachstum noch das Wachstum des Weizens behindert hätte. Der Mist enthielt aber antibiotikaresistente Bakterien, so dass er uns die Biosicherheits-Begleitexperimente gestört hätte. Daneben war der Überfall ein psychologisch sehr schwer zu verdauender Schlag für die Mitarbeiter. Die ETH hat Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung erstattet.


Hat es neue Entwicklungen gegeben, die einen Einfluss auf das Projet haben?

Es gibt auf der Welt natürlich andere Forschungsinstitute, darunter auch die Industrie, welche auf diesem Gebiet aktiv sind. Es hat z.B. Syngenta in Thüringen, Deutschland, ein Feldexperiment beantragt, und zwar mit gentechnisch verändertem Weizen, der resistent gegen Fusarium sein soll. Fusarium ist neben Stinkbrand und Flugbrand die dritte bedeutende samenbürtige Pilzinfektion, die Weizen befällt. Dieses Experiment wurde bewilligt und Syngenta wollte Ende März 2003 aussäen. Greenpeace kam ihnen aber zuvor und hat auf diesem Feld nicht gentechnisch veränderten Weizen ausgesät, so dass Syngenta dieses Feldexperiment nun nicht durchführen kann, weil normale und biotechnologisch nicht veränderte Pflanzen nicht mehr unterschieden werden können. Rein wissenschaftlich wäre das Syngenta-Experiment eine gute Ergänzung zu unseren Untersuchungen. Politisch wird es darauf hinauslaufen, dass Syngenta als weltweit operierende Firma ihr Experiment wo anders machen kann. Diese Möglichkeit steht uns, als eidgenössische Hochschule nicht offen.


Konnten Sie das Ziel, dass Sie sich gesetzt haben, in den vergangenen drei Monaten erreichen?

Mein Ziel war eigentlich, zu Beginn der Vegetationsperiode mit der Aussaat für das Feldexperiment zu beginnen. Dieses Ziel habe ich nicht erreicht.


Was möchten Sie in den nächsten drei Monaten erreichen?

Die ganze Arbeitsgruppe war darauf eingerichtet, in dieser Vegetationsperiode das Feldexperiment durchzuführen. Es waren nicht nur alle Vorbereitungen dazu getroffen worden, wir hatten auch zusätzliche Mitarbeiter, z.B. eine Diplomkandidatin aus Frankreich engagiert, die ihr Praktikum bei uns machen wollte, so dass wir auch personell gut ausgerüstet gewesen wären. Natürlich gibt es immer Experimente, die man im Gewächshaus oder im Labor machen kann. Aber für die psychische Situation innerhalb der Gruppe ist es nun schwieriger geworden. Ich möchte neben der Durchführung weiterer Experimente so schnell wie möglich die Stimmung innerhalb der Gruppe auf einen Stand bringen, der die produktive Arbeit fördert.


Vielen Dank Herr Dr. Sautter für das Interview.

 

Hintergrund Weizenprojekt
Was hat man bis jetzt gemacht und was soll noch gemacht werden? Hier gibt es ergänzende Informationen zum Weizenprojekt.
!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!